Bin ich introvertiert oder habe ich eine soziale Phobie?

Wo hört Introversion auf und wo fängt eine Sozialphobie an?

Wenn Sie sich diese Frage stellen, dann ist es wahrscheinlich so, dass Sie deutlich bemerken, anders als andere zu sein und anders zu empfinden. Und sehr wahrscheinlich ist es auch so, dass Sie deswegen mehr oder weniger stark verunsichert sind. In unserer Welt, unserer kommunikativ-medialen Gesellschaft ist das allermeiste im Alltag so gestaltet, dass extrovertierte und selbstbewusste Menschen sich pudelwohl fühlen können.

Für alle Introvertierten bedeutet das, dass sie sich umso mehr für irgendwie fehlerhaft halten können. Immerhin ist aber rund ein Drittel aller Menschen eher introvertiert! Und die Grenze zur Sozialphobie ist deutlich erkennbar!

Woher kommen eigentlich die Begriffe introvertiert und extrovertiert?

Introversion und Extraversion gehören zu den fünf grundlegenden Persönlichkeitsmerkmalen, den sogenannten BIG FIVE. Ob man introvertiert oder extrovertiert ist, hat zunächst mal keinen Einfluss darauf, wie zufrieden man mit sich und seinem Leben ist.
Es sind neutral beschreibende Begriffe. Erst durch eigene oder die Bewertungsprozesse anderer entstehen in manchen Fällen – und in unserer Zeit ist dies besonders ausgeprägt der Fall – negative Wahrnehmungen und Emotionen im Zusammenhang mit den Unterschieden zwischen den beiden Persönlichkeitsfaktoren.

Was genau unterscheidet die beiden Begriffe und wie wirkt sich was im Alltag aus?

Bin ich introvertiert?

Insgesamt sind introvertierte Menschen mit ihrer Aufmerksamkeit und Energie stark auf ihr Innenleben konzentriert und gekennzeichnet durch folgende wesentliche Faktoren:

sie….

  • können gut zuhören und sich in andere Menschen hineinversetzen, sie sind einfühlsam und verständnisvoll
  • sind aufmerksame Beobachter
  • sind verantwortungsbewusst, zuverlässig und gewissenhaft und sind gute Planer
  • lesen viel und verfügen über viel Wissen
  • hinterfragen vieles und sind sehr reflektiert
  • sind häufig kreativ. Viele Künstler sind introvertiert
  • sind ruhig, ernsthaft, oft auf Sinnsuche,
  • ziehen sich gerne zurück und brauchen regelmäßig Zeit für sich alleine, sind am liebsten nur mit wenigen Menschen zusammen
  • sind sehr gerne in der Natur und in der Stille
  • fühlen sich häufig auch als Single rundum zufrieden
  • reden oft nicht gerne in großen Gruppen, sind insgesamt eher gehemmt
  • fühlen sich eher unwohl auf Parties und wenn sie neue Leute kennenlernen
  • Smalltalk fällt ihnen schwer

Wie introvertierte Menschen oft wahrgenommen werden:

  • schüchtern
  • passiv
  • unsozial
  • langweilig
  • distanziert
  • humorlos….

Ob Sie sich introvertierter oder eher extrovertierter entwickeln, ist allen Forschungsergebnissen nach im Großen und Ganzen bereits zum Zeitpunkt Ihrer Geburt durch die Gene festgelegt. Danach ist der Entwicklungsspielraum in die eine oder andere Richtung dann nicht mehr so besonders groß. Und graduelle Unterschiede entwickeln sich dann noch abhängig von den Lebensumständen und Erfahrungen, die man macht.

Die aktuellen gesellschaftlichen Strömungen und Entwicklungen sind in erster Linie extrovertiert orientiert. Extrovertiertes Verhalten wird bedauerlicherweise sozusagen als Norm betrachtet und auf den ersten Blick gewertschätzt und belohnt.

Was Introvertiertheit im Alltag bedeutet

Im Alltag führt all das in der Summe dazu, dass Introvertierte nicht diejenigen sind, die sich gerne in den Vordergrund drängen oder der Star auf Partys sind. Auf extrovertierte Menschen wirken sie wenig kommunikativ, eher unnahbar oder hölzern, langweilig oder distanziert und kompliziert im Umgang. Dennoch beginnt ein Prozess des Umdenkens und der Neubewertung, vor allem zB in Unternehmen. Denn introvertierte Menschen bringen viele Eigenschaften mit, die Extrovertierten fehlen und die für Unternehmen wichtig für ihren Erfolg sind. Und auch die vielen sehr erfolgreichen Künstler, Wissenschaftler, Politiker etc zeigen, warum introvertierte Menschen wichtig und wertvoll sind. Obwohl sie vielleicht nicht so laut, bunt, werbewirksam und stets präsent im Vordergrund sind, verfügen aber über ein großes und ganz spezielles Potential, das den meisten Extrovertierten eher fehlt.

Was ist eine Sozialphobie?

Soziale Phobien gehören zum phobischen Teil der Angsterkrankungen. Somit stellen sie eine Störung und ein echtes Problem für die Betroffenen dar.

Die Symptome einer sozialen Phobie sind:

  • starke Angst vor allen Situationen, bei denen sich die Aufmerksamkeit anderer Menschen auf die Person richten könnte
  • Angst, abgelehnt zu werden
  • Sorge und Angst, sich peinlich zu verhalten, sich vor anderen zu blamieren oder zu versagen
  • Vermeiden von entsprechenden Situationen
  • Während einer angstmachenden Situation: Erröten, Händezittern, Übelkeit, Harndrang, Herzklopfen, Kurzatmigkeit, Engegefühl in der Brust, Schwindel, Benommenheit, Schwächegefühl, Schwitzen, Mundtrockenheit etc
  • in der Folge isolieren sich Menschen mit Sozialphobie sehr oft

Die Situationen, vor denen Sozialphobiker häufig Angst haben:

  • Wenn sie in der Öffentlichkeit sprechen oder etwas tun müssen
  • Essen und Trinken in der Öffentlichkeit
  • Kontakte zum anderen Geschlecht
  • Schreiben oder Telefonieren im Beisein anderer
  • Feste und Partys
  • Prüfungssituationen
  • Gespräche mit wichtigen Menschen/Autoritätspersonen
  • Fremde Menschen ansprechen…

Die wesentlichen Unterschiede zwischen Introversion und Sozialphobie

sind also:

  • Introvertierte sind oft ruhesuchend und gerne alleine. Aber sie können angstfrei alle Situationen mit anderen Menschen oder in Gruppen bewältigen.
  • Darüber hinaus erleben introvertierte Menschen keinerlei körperliche Symptome in sozialen Situationen
  • Eventuell kann ein introvertierter Mensch in bestimmten Situationen sehr selbstbewusst auch in großen Gruppen oder mit unbekannten Menschen agieren. Lediglich Auszeiten brauchen Introvertierte öfter und länger.
  • Dagegen wird ein Mensch mit sozialer Phobie solche Situationen wahrscheinlich um jeden Preis vermeiden.
  • Außerdem ist die Schüchternheit introvertierter Menschen zwar für sie anstrengend und oft unangenehm, sie erleiden aber keinerlei Angstgefühle.
  • Und je mehr und je öfter sie die auslösenden Situationen vermeiden, umso größer wird die Angst von Menschen mit Sozialphobie

Fazit:

Während eine soziale Phobie eine unter Umständen sehr stark einschränkende Erkrankung/Störung ist, ist Introversion eine ganz normale Persönlichkeitseigenschaft. Dennoch: eine soziale Phobie kann natürlich aus einer Introversion heraus entstehen. Insgesamt kann sich ein introvertierter Mensch sein Leben so einrichten, dass er sich rundum gut fühlt. Dagegen hat ein Mensch mit sozialer Phobie einen hohen Leidensdruck und möchte gerne anders sein und empfinden.

Sollten Sie sich in den Symptomen einer sozialen Phobie wiederfinden und deswegen Interesse an einer gezielten Therapie haben, dann lade ich Sie zu einem kostenfreien und unverbindlichen Kennenlerngespräch ein. Sie können mit mir per mail HIER Kontakt aufnehmen oder über Telefon oder WhatsApp unter 015730969969